Ergotherapie im Fachbereich Neurologie

Erkrankungen des Zentralnervensystems werden im Fachbereich Neurologie in der Ergotherapie behandelt. Das Gehirn ist in der Lage, auch nach größeren Schädigungen in bestimmten Regionen wieder neue Nervenverbindungen aufzubauen, auch wenn die Schädigung Jahre zurück liegt. Verloren gegangene Fähigkeiten und Fertigkeiten werden unter Anleitung des Ergotherapeuten mithife von Therapiekonzepten (siehe unten) neu erlernt und gefestigt. Der/die Patient/in kann zum Beispiel wieder erlernen, greifen zu können oder auch Schwierigkeiten mit dem Gehen zu überwinden. Sind Fähigkeiten sehr stark eingeschränkt, können zusammen mit dem Ergotherapeuten ausweichende Handlungsstrategien erarbeitet werden. Hierbei kann der Einsatz von Hilfsmitteln und Adaptionen einen großen Beitrag leisten. Dabei wählt der Ergotherapeut geeignete Hilfsmittel aus, die wenn notwendig angepasst und mit dem Patienten erprobt werden.

 

 

Ergotherapeutische Therapiekonzepte in der Praxis für Ergotherapie Kristin Karbe


funktionelles Greiftraining
zum Erlernen eines Faustgriffes
nach einem Hirninfarkt

Die Forced-Use –Therapy  (FUT)

Die Forced-Use–Therapy (analog Taub`sches Training, Bewegungsinduktionstherapie, Constraint-Induced-Movement-Therapy-CIMT) wurde von dem Verhaltensforscher Edward Taub entwickelt. Es entwickelte sich aus der Idee des forcierten Gebrauchs als Mittel, Bewegungskontrolle über eine gelähmte Extremität wieder zu erlangen. Der „erlernte Nichtgebrauch" des betroffenen Armes und der Hand wird durch ein tägliches Intensivtraining wieder überwunden, dabei werden z.B. beginnend Aktivitäten wie Greifen, Halten, Drehen, Transportieren und Loslassen trainiert, vorbereitend für die im weiteren Verlauf geübten zielorientierten Alltagsaktivitäten, wie z.B. Handhaben von Besteck. Dadurch kann ein Rückgang der Lähmung und der Wiedergebrauch der verlernten Alltagsfähigkeiten erreicht werden. Das Training kann in einem intensiven oder abgeschwächten Rahmen erfolgen. Die Therapie ist auch noch Jahre nach der Hirnschädigung wirksam. Frei nach dem Motto USE IT OR LOOSE IT !!! , ist keine andere Therapie zur Behandlung der Armfunktion beim Halbseitengelähmten nach Schlaganfall bisher wissenschaftlich so gut untersucht und dokumentiert worden. Diese Therapiemethode wird bei den Krankheitsbildern Schlaganfall und Schädel-Hirn-Trauma angewandt.

 

Das Bobath-Konzept

Das Bobath-Konzept basiert auf der Arbeit der Krankengymnastin Bertie Bobath und des Neurologen und Psychiaters Karel Bobath. Das Konzept behandelt Störungen in der Körpergrundanspannung, Bewegungen und Handlungen. Mittels Lernprozessen werden normale Bewegungen möglich und wiedererlernt und in Aktivitäten und Handlungen des Alltags übertragen. Dabei spricht man vom Therapeutischen Handling. Durch die eigenen Hände kann der Therapeut Reibung, Dehnung, Stauchung, Druck, Zug und Rotation auf die an einer Bewegung beteiligten Gelenke und Muskeln so ausüben, dass eine bestimmte Bewegung oder Aktivität für den Patienten erleichtert oder gar erst ermöglicht wird. Je nach Art des Problems kann somit normale Bewegung, z.B. die Aktivität Gehen, für den Patienten ermöglicht werden. Das Ziel des "Handlings" besteht darin, den Patienten in die Lage zu versetzen, aktiver zu sein.  Das Bobath-Konzept wird seit seiner Entstehung 1943 stetig weiterentwickelt. Die Anwendung des Bobath-Konzepts eignet sich für alle Patienten mit neurologischen Erkrankungen.

 

Das N.A.P. Konzept

Das N.A.P. Konzept (Neuroorthopädische Aktivitätsabhängige Plastizität) wurde 1990 von der Physiotherapeutin Renata Horst entwickelt und ist seit 1999 als Therapiekonzept rechtlich geschützt. Es schlägt eine Brücke zwischen der Neurologie und der Orthopädie und ist sowohl in der Behandlung, als auch in der Prävention struktureller Schäden bei Fehlbelastungen im Alltag und Beruf anwendbar.

Der Grundgedanke ist folgender: „Jeder Patient ist neuro-orthopädisch“,

Verletzungen oder Erkrankungen der Gelenke/Muskeln/Nerven führen zu zentralen Veränderungen im Gehirn und umgekehrt.

Beim N.A.P. wird diese fehlerhafte neuromechanische Wechselwirkung durch Üben von Aktivitäten unter manueller Führung des Therapeuten wiederhergestellt. Dadurch werden Fehlhaltungen korrigiert, Schmerzen werden gelindert und Funktionen werden wiedererlangt. Mit der richtigen Anleitung wird dann jede Aktivität im Alltag zur Therapie.

 

Spiegeltherapie  

Erstmalig wurde die Therapieform von dem indischen Neurologen Ramachandran und Mitarbeitern beschrieben. Seit einigen Jahren nimmt die Spiegeltherapie an Bedeutung zu und gehört zu den wissenschaftlich, belegten Therapiemethoden nach Schlaganfall. Hierbei wird ein Spiegel so in der Körpermitte des Patienten positioniert, dass Bewegungen des gesunden Arms durch den Blick in den Spiegel als Bewegungen des betroffenen Arms wahrgenommen werden. Der gelähmte Arm liegt hierbei hinter dem Spiegel und der nicht gelähmte Arm vor dem Spiegel. Der gelähmte Arm wird dann entweder vom Therapeuten oder Angehörigen geführt oder der Patient beobachtet die Bewegungen seines gesunden Armes im Spiegel ohne dass eine Bewegung auf der gelähmten Seite stattfindet. Dadurch ergibt sich eine optische Illusion. Es scheint so, als würde sich der gelähmte Arm auch bewegen. Diese Illusion aktiviert bestimmte Hirnareale, die einen positiven Einfluss auf die Rehabilitation haben. Die prinzipielle Wirksamkeit der Therapieform, bei der das Gehirn visuelle Informationen aus und über Gewebe dazu verwendet visuelle und taktile Wahrnehmung zu verstärken, konnte bereits neurophysiologisch nachgewiesen werden. Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren zeigten, dass eine Spiegelung von Bewegung zu einer Aktivierung der jeweils entgegengesetzten Hemisphäre führt. Die Spiegeltherapie ist ein Therapieverfahren für Patienten mit einer halbseitig betroffenen Extremität nach Schlaganfall und bei Schmerzsyndrom.

 

Das PNF-Konzept (PNF)

ist eine aktive Behandlungsmethode, die in den 40er - 60er Jahren in Kalifornien von Herrn Dr. Kabat (Arzt und Neurophysiologe) in den USA begründet wurde. Große Befürworterinnen waren die Physiotherapeutin Margareth Knott und Dorothy E.Voss. Sie entdeckten, dass physiologische Bewegungen immer dreidimensional sind, also je eine Komponente von Beugung/ Streckung/ Abspreizen/ Heranführen und Drehung beinhalten. Für den Einsatz in der Ergotherapie ist es wesentlich, das Wiedererlernen von Bewegungsfunktionen in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Der Wiederaufbau der Muskulatur muss in speziellen, funktionellen Aktivitäten trainiert werden.

 

P steht für Propriozeptoren. Das Gehirn verarbeitet deren Informationen und lässt den Reiz beantworten. Dies kann u.a. das
N Neuromuskuläre System sein, also die Funktionseinheit Nerv und Muskel betreffend.
F Fazilitation, Erleichterung einer Bewegung oder Bewegungsfolge

 

Zielsetzung der Ergotherapie:
• Anbahnung und Neuerlernen von Bewegungen und Bewegungsübergängen.
• qualitative Verbesserung von Bewegungen und Bewegungsübergängen in Aktivitäten des täglichen Lebens